31.05.2015: Horse Trail Camp - Cottonwood Creek via Hiker Town, 26,6 Meilen

Die Nacht war ruhig, zumindest glauben wir das, bis wir unser Zelt verlassen. Kaum machen wir Kaffee steckt ein Hiker aus einem anderen Zelt, das gestern Abend noch nicht da stand, seinen Kopf aus diesem und entschuldigt sich, dass er und sein Kumpel so laut gewesen seien. Laut??? Wir gucken uns an. Nee, weder wir noch Marlboro Man haben etwas gehört. Die beiden Typen seien deshalb so laut gewesen, weil sie ca. 1,5 Meilen vor dem Campground einen Puma gesehen haben. Um diesen zu verscheuchen, seien sie laut schreiend und rufend bis zu unserem Zeltplatz gerannt und sie sind nur deshalb hier geblieben, weil wir schon da waren, de facto also mehr Opfer für den Puma!!! Super, von uns hat keiner was gemerkt.

 

Erste Anlaufstelle unseres heutigen Marathontages ist Hiker Town. Gegen zehn Uhr sind die 10 Meilen erledigt und wir retten uns vor der Hitze in den Schatten. Selbst hier sind 30 Grad und jeder Versuch den sicheren Schatten Richtung brennende Sonne zu verlassen, bereuen wir sofort. So muss sich ein Steak auf dem Grill fühlen. Wir dösen zu dritt (Marlboro Man, Gladiator und ich) vor uns hin, trinken Wasser bis zum Umfallen, essen und schlafen. Heute Abend, wenn die Sonne hoffentlich ihre Kraft verloren hat, soll es nämlich weiter gehen. Das nächste sichere Wasser ist ca. 17 Meilen entfernt und vor uns liegt ein Horrorstück Strecke direkt durch die Mojave. Immer entlang des LA Aqueduct ohne jeden Schatten. Bis 17 Uhr sind unsere sämtlichen Ist-es-in-der-Sonne-auszuhalten-Testversuche grandios gescheitert. Erst gegen halb sechs Uhr abends wagen wir uns aus der sicheren Deckung, vollgefuttert und vollgetrunken. Bis auf wenige Abzweigungen führt der Weg immer geradeaus. Wir sind noch NIE so lange geradeaus gegangen. Die Temperaturen sind angenehm, es geht kein Wind und langsam färbt die untergehende Sonne die Wüste rot und lila.



Was ich nirgendwo gelesen hatte, dieser Abschnitt ist voll mit meinen heiß geliebten Joshua Trees. Der Anblick dieser "Kreaturen" bei Sonnenuntergang in dieser völlig unwirklichen Landschaft ist einfach umwerfend. Und es wird noch besser. Kaum ist die Sonne untergegangen, leuchtet uns der Mond unseren Weg. Wir haben beinahe Vollmond, sodass wir fast die ganze Zeit ohne Lampe laufen können. Und wenn die Joshuas im Sonnenuntergang schon hammermäßig aussehen, so sehen sie im Schein des Mondlichts einfach noch genialer aus. Als liefen wir durch die Kulissen eines SF-Movies oder besser noch Endzeitfilmes.  Die Atmosphäre und die Eindrücke von dieser Strecke und der Landschaft sind auf der einen Seite so unglaublich unwirklich und auf der anderen Seite so unglaublich stimmig und direkt. Es ist bis jetzt das Außergewöhnlichste, was ich auf der Tour erlebt habe.



Und genau so lange, bis ein nunmehr bekanntes Geräusch mich aus meiner Euphorie reißt. Es klappert und das im Dunkeln! Wo lauert die Gefahr??? Ich nestle an meiner Stirnlampe rum mit der ich seit Tourbeginn auf Kriegsfuß stehe. Nichts passiert. Wie bescheuert wische ich, um sie in Gang zu bringen. Sie reagiert mal wieder nicht. Wie eigentlich immer. Entweder macht sie statt Weiß-Rotlicht (andere Wischrichtung, kann ich mir nicht merken) oder sie macht Stroboskoplicht oder eben gar nichts. Oder sie ist an und geht nicht mehr aus. Sie macht natürlich immer ganz einfach das Unpassendste (wenn‘s unauffällig sein soll, leuchte ich alles aus, bzw. wenn man Klapperschlangen im Dunkeln erkennen will , bleibt das dämliche Ding schwarz). Selbst Axel bekommt sie nicht gleich an. Dann aber funktioniert es und wir erkennen, trara, eine Klapperschlange. Sie liegt weit genug weg, wir machen ein Foto und weiter geht‘s.



Immer umrahmt von Joshuas und begleitet vom Mond, der um uns herumwandert. Gegen 23:30 Uhr erreichen wir unser Ziel. Wir sind heute insgesamt über 42 km gelaufen und ziemlich am Ende. Wir essen noch was und fallen dann um. In fünf Stunden soll es weitergehen, die nächste Etappe durch die Wüste steht an, die wir so schnell wie möglich beenden wollen. Dazu müssten wir aber weitere 23 Meilen laufen ....

das sind wir