Lightweight


Die Idee zum Leichtgewichts-Wandern entstand bei unserer Tour durchs Markha Valley (Ladakh) im Jahr 2011. Obwohl wir nie viel Gepäck dabei hatten, schien sich hier bei den Anstiegen auf den Ganja La und den rund 5300 m hohen Kongmaru La jedes Gramm zu potenzieren.

Als ich schließlich hinter einer Karawane von Pferden stand, die für kommerzielle Touren das Gepäck der Touristen durchs Valley transportieren,und mit ihnen darum konkurrierte, wer zuerst den Sattel des Kongmaru La erreichte, fühlte ich mich nicht anders als diese überladenen „Packesel“: Langsam, schwerfällig und unbeweglich.

Das sollte sich bei der nächsten Tour ändern! Gepäck ja, aber kein „Packesel-Gefühl“ mehr.

Ein Jahr später stand bei uns der Arctic Circle Trail, in Grönland, auf dem Programm. Bei der Planung der Tour war schnell klar, dass Essen für insgesamt 12 Tage, Kleidung sowohl für warme als auch kühle Tage und natürlich die komplette Regenausstattung mit ins Gepäck mussten. Zudem ein Zelt mit großer Apsis, Kocher und, und, und.

Alles deutete auf viel Gewicht hin. Also machte ich mich im Vorfeld der Tour ans Wiegen der gesamten Ausrüstung. Alles, wirklich alles, Bekleidung, Hardware, Schuhe, Rucksack wurde Opfer meiner Waage. Wog ein T-Shirt 10 g mehr als ein anderes, wurde es durch das Leichtere ersetzt. Dieses Schicksal drohte jedem Ausrüstungsgegenstand.

Beim Check-In am Flughafen brachte es mein Rucksack letztlich mit Verpflegung auf 17 kg, der meiner Frau auf 14 kg. Das Einzige was uns noch fehlte war Wasser. Aber da Wasser in Grönland meistens keine Mangelware ist, mussten wir häufig nur das benötigte Trinkwasser transportieren, mehr nicht.  Also 1-2 kg zusätzlich.

Für die Tour erwies sich das leichtere Gepäck als Glücksgriff. Das Gelände variiert von steinig, hügelig bis sumpfig, flach. Gerade bei den sumpfigen Passagen und den  Stellen, bei denen wir Flüsse furten mussten, empfand ich den leichten Rucksack als extrem angenehm. Je schwerer der Rucksack, desto nervender wird meines Erachtens auch das ständige Auf- und Absetzen.

Im Vergleich zu Freunden, die wir auf dem Trail kennen lernten, hatten wir etwa 8 bzw.10 Kilo pro Rucksack weniger zu tragen. Ein Gewinn über den wir uns jedes Mal freuten, wenn wir auf die beiden trafen und sie wegen ihrer großen, schweren Rucksäcke bemitleideten. Dennoch ging es uns allen besser als einem weiteren Wanderer, der nach einer anstrengenden 20 km langen Etappe mit seinem mehr als 30 kg schweren Rucksack mit dem Helikopter ausgeflogen werden musste, da seine Knie aufgaben. Vom Verzicht hat man manchmal doch mehr!

 

Eine Grenze meiner Gewichtsreduktionsfreude erreichte ich im letzten Urlaub in Patagonien. Geplant waren Trails am Fitz Roy, im Torres del Paine und auf Feuerland.  Ich hatte unsere altbewährten Snowpeak-Titantassen durch gewöhnliche Plastikbecher ersetzt, wie man sie auf Konzerten erhält. Die Gewichtsersparnis betrug 70 g pro Becher. Nach ca. einer Woche und dem Genuss diverser Tees, Kaffees und Brühen aus besagten Bechern und nur kaltem Wasser zum Ausspülen, sah ich einen Morgen in das ekelverzerrte, erboste Gesicht meiner Frau. Ihr Kaffee blieb unangerührt und das einzige was sie sagte war: „Jetzt reicht´s! Ich ertrage den Gestank dieser sich überlagernden Gerüche in diesem Becher keinen Tag länger. Das ist kein Urlaub mehr, sondern der pure Albtraum! In der nächsten Stadt kaufe ich neue Becher, egal was sie wiegen.“

Nun, „leider“ musste ich ihr Recht geben, und so tragen wir heute lieber 70 g mehr, aber ich verzichte nie wieder auf unsere Snowpeak-Tassen, die die Getränke nicht nur deutlich wärmer halten, sondern vor allem geruchsneutral sind.

 

Ich bin also noch weit davon entfernt ein absoluter Lightweight-Wanderer zu sein. Meine Zahnbürste ist bspw. noch nicht abgeschnitten, die Zahnpasta noch nicht portioniert und getrocknet, meine Landkarten nicht entlang der Strecke beschnitten und ein E-Book habe ich auch noch immer dabei. Ich habe an den Stellen eingespart, die für mich sinnvoll und praktikabel erscheinen. Es ist dabei immer ein Ausbalancieren von Gewicht und Luxus, auf den ich nicht verzichten will. Und es hängt natürlich auch von der jeweiligen Tour ab.

Aber auch bei unserer letzten Schneeschuhwanderung auf dem Karhunkierros in Finnland, habe ich das Konzept Leichtgewicht, so weit es für mich möglich und sinnvoll war, umgesetzt.

Auch für die nächste geplante Tour, die uns zum Kungsleden nach Schweden führen soll, versuche ich meine Ausrüstung weiter zu reduzieren. Mein Ziel ist es, bei unserer geplanten Langstreckenwanderung im Jahr 2015 die Belastung durch die Ausrüstung so gering wie möglich zu halten, da die physische Belastung durch das Gehen schon hoch genug sein wird.

 

Für mich hat sich bei den letzten Touren gezeigt, dass ein Verzicht auf Gewicht mein Wandererlebnis deutlich erhöht. Mit leichterem Gepäck kann ich leichtere Schuhe und einen leichteren Rucksack wählen. Ich ermüde nicht so schnell und kann die Natur in vollen Zügen genießen.

das sind wir