PCT?

Was ist denn das? Perkutane transhepatische Cholangiographie? Polychlorierte Terphenyle? Pennsylvania College of Tecnology? Oder was?

 

Der PCT ist der Pacific Crest Trail, ein Weitwanderweg im Westen der USA.

 

Vom PCT hörte ich zum ersten Mal 1995. Damals bereitete ich mich auf eine Trekkingtour durch Nepal vor. Ich brauchte einen neuen Schlafsack und meine Wahl fiel auf die US Firma Moonstone, die es heute leider nicht mehr gibt. Das Modell meiner Träume hieß PCT. Warm, leicht, klein, ein super Daunenschlafsack. PCT ... was ist das?, fragte ich mich damals. Heutzutage, wenn man etwas nicht weiß, guckt man einfach im Internet. Damals gab es höchstens Interrail aber kein Internet. Aber es gab einen Moonstone Katalog, aus echtem Papier! Darin stand, dass der PCT ein Wanderweg im Westen der USA ist, der über mehrere Tausend Kilometer von Mexiko nach Kanada führt. Zwei Bilder und mehr nicht. Klingt aber nach einer langen Wanderung dachte ich mir damals, klingt aber auch interessant. Zwei Jahre zuvor hatte ich eine dreimonatige Radtour durch die USA unternommen. Die Strecke ging über mehr als 8400 km durch die Nationalparks in Kalifornien, Nevada, Utah, Arizona und von Kanada nach Mexiko, immer an dem Pazifik entlang. Da könnte ich doch eigentlich auch zurücklaufen ...? Die Landschaft in diesem Teil der USA hat mich auf jeden Fall fasziniert. Aber irgendwie geriet die Sache dann in Vergessenheit. Jahre später entdeckte ich ein kleines Buch von Andreas Kramer, der mit seiner Partnerin besagten PCT gelaufen ist. Seitdem ließ mich das Thema nicht mehr los und irgendwann schlug Simone vor eine Auszeit, Sabbatical auf Neudeutsch, zu nehmen und den PCT zu laufen.

 

 

2015 soll es nun so weit sein.

 

 



 

Der PCT- ein Überblick

 



 

Der PCT führt auf einer Strecke von 4264 Kilometern von Campo, einem kleinen Ort direkt an der Grenze zu Mexiko, nach Manning Park in Kanada. Er durchquert drei Bundesstaaten. Kalifornien hat den größte Anteil mit ca. 2733 km, die Strecke durch Oregon ist 735 km lang und durch den Bundesstaat Washington sind es 825 km. Um es für uns Europäer etwas greifbarer zu machen, die Gesamtstrecke des PCT entspricht ziemlich genau der Straßenstrecke vom Nordkap zum Trevibrunnen in Rom.  Aber es ist nicht allein die reine Distanz, die diesen Trail ausmacht. Auch das Terrain selbst ist eine Nummer für sich. Die Höhendifferenz zwischen dem höchsten Punkt, Forrester Pass in Kalifornien (4009 m) und dem niedrigsten Punkt, der Stadt Cascade Locks (52 m) ist beeindruckend. Dabei sind insgesamt auf dem kompletten Trail 128,284 Höhenmeter zurückzulegen. Im Süden von Kalifornien warten die San Jacinto Mountains mit dem 3302 m hohen San Jacinto Peak. Danach geht es wieder runter und durch die Mojave Wüste, dem heißesten Gebiet in den USA. Die Temperaturen erreichen oft um die 40 Grad. Entsprechend rar ist das Wasser. Etappen von 30 Kilometern zwischen zwei Wasserquellen sind auch keine Seltenheit. Danach geht es in die Bergwelt der Sierra Nevada. Eine wilde, einsame Bergwelt mit dem höchsten Berg der „unteren 48 Staaten“, dem 4421 m hohen Mount Whitney, der zwar nicht ganz genau am PCT liegt, den aber sehr viele Hiker trotzdem besteigen. Wasser gibt es hier jetzt im Überfluss. Was aber leider auch zu einer ungeheuren Mückenpopulatione führt. Berichte von Hikern, die stundenlang ohne Pause durchmarschieren, da sie von den Mücken an den Rand des Wahnsinns gebracht werden sobald sie einen Augenblick stillstehen, sind nicht selten. Im Norden Kaliforniens geht die Granitwelt der Sierra Nevada in die Bergwelt der Cascade Mountains über die, wie an vielen Stellen zu sehen, eindeutig vulkanischen Ursprungs ist. Vulkanriesen wie Mount Lassen, Mount Shasta, Mount St. Helens und Mount Hood dominieren den Horizont für Tage. In Oregon wird der Trail flacher. Der Weg führt immer in der Höhe durch eine deutlich grünere und bewaldetere Landschaft. Hier sind größere Distanzen pro Tag möglich, die man auch braucht, um dem schlechten Wetter in Washington entgehen zu können. Die Grenze zwischen Oregon und Washington markiert der Columbia River, an dessen Ufer die Stadt Cascade Locks liegt. Cascade Locks ist mit 52 der „Tiefpunk“ der Tour. In Washington warten die zerklüfteten Cascade Mountains mit steilen Auf- und Abstiegen. Hier muss man sich auch beeilen, denn der Winter kann schon ab Mitte September Einzug halten und die PCT-Wanderung vorzeitig beenden. Wenn man dann nach 4264 Kilometern endlich Kanada erreicht, ist der Trail allerdings noch nicht zu Ende. Es warten noch 11 Kilometer Weg nach Manning Park, dem ersten zivilisierten Ort in Kanada, von wo aus man die Heimreise antreten kann.

 

Jedes Jahr versuchen mittlerweile so um die 700 Wanderer den PCT in einem Stück (thruhike) zu laufen. Die Hälfte, die den Trail dann schafft, benötigt im Durchschnitt fünf Monate. Dafür muss man knapp 30 Kilometer laufen. Jeden Tag ....

 

Der Rekord für die schnellste PCT Wanderung indes liegt bei 60 Tagen plus Stunden. Er wird momentan von Heather Anish Anderson gehalten. Das macht einen Tagesschnitt von mehr als 70 Kilometern pro Tag. Da es sich hierbei um eine Wanderung von ihr allein, das heißt ohne Support von anderen handelt, kann man davon ausgehen, dass da noch einige Kilometer mehr auf der Suche nach Verpflegung oder Wasser dazu gekommen sind.

 




Die Probleme, mit denen die Wanderer konfrontiert werden, sind vielfältig. Wassermangel im Süden, Schneeflächen in den Bergen, das Wetter generell, Waldbrände, die immer wieder zu Sperrungen des PCT führen, giftige Pflanzen wie Poison Oak und Poodledog Brush, Klapperschlangen, Pumas und Bären. Da es am Weg nicht sonderlich viele Möglichkeiten gibt Verpflegung zu kaufen, ist es notwendig seine Verpflegung an kleine Läden oder Poststellen per Paket zu schicken sowie teilweise mehrere Kilometer lange Seitenwege zu gehen, um in die kleinen Städte zu gelangen, die in der Nähe des Weges liegen. Nicht zu vergessen auch mögliche Verletzungen durch das dauernde Laufen über Stock und Stein. Weil der Trail größtenteils abseits der Zivilisation läuft, muss man Verpflegung für 4 bis 10 Tage in seinem Rucksack verstauen. Das wiegt natürlich einiges, denn wenn man um die neun Stunden reine Gehzeit einen Rucksack durch die Berge schleppt, kommt man mit den etwa 2000 Kcal nicht aus, die im Alltag eigentlich ausreichen. Im Schnitt verbrauchen PCT-Hiker etwa 4000 Kcal pro Tag. Damit man das dann auch alles tragen kann, muss man versuchen, sein Rucksackgewicht auf das Minimum zu reduzieren.

 



 

Das klingt alles ganz schön nach unheimlichen Strapazen. Aber die grandiose Natur, die Mitstreiter und natürlich auch die Trailangel, die unvorstellbare Dinge auf sich nehmen um den Hikern auf ihrem Weg zu helfen, machen es allemal lohnenswert.

 



 

Und wir werden in wenigen Monaten auch den Pacific Crest Trail unter unsere Füße nehmen. Also:

 

„stay tuned“

 

Simone und Axel

 

das sind wir