14.06.2015: Mount-Whitney-Tag

Nach dem miserablen Wetter gestern hatten wir drei Zweifel, ob es heute gutes Wetter für die Besteigung des Mount Whitney gibt. Als um 4 der Wecker klingelt, sehe ich einen klaren Sternenhimmel. Es kann los gehen.

 

Die Zelte lassen wir stehen, das Essen bleibt auch in den Bärenboxen, hier also geht Simone ohne Gepäck und ich habe nur etwa 4 Kilo mit Wasser und warmen Sachen. Marlboro Man, der ja inzwischen zur Familie gehört, ist natürlich mit dabei. Um fünf starten wir und es ist saukalt. Das Gras ist gefroren und in den höheren Lagen können wir einiges an Schnee sehen. Gut, dass wir unsere Eisspikes ans Ende der Sierra vorgeschickt haben.  Wir sind wie immer zügig unterwegs. Unser Zeltplatz liegt auf 10.520 Fuß und der Gipfel ist 14.400 Fuß hoch. Also wartet ein bisschen Arbeit auf uns.

 


Wir gehen für gut 4 Meilen immer am Whitney Creek entlang. Dann erreichen wir den Guitar Lake. Dort beginnt der erste Schnee und es sind noch fast genau 4000 Fuß von dort. Am Guitar Lake beginnt die aufgehende Sonne die Felsenwelt um uns herum zum Glühen zu bringen. Es sieht fantastisch aus. Dann erreichen wir die ersten Serpentinen, die uns zum Gipfel bringen. Durch das Unwetter gestern hat es recht viel Schnee gegeben. Die Schneedecke reicht von 20 cm bis zu etwa einen Meter, dort wo sich der Schnee angesammelt hat.

 


Wir sind beide froh über unsere zusätzlichen 2 Beine. Marlboro Man geht ohne Stöcke und muss mit seinen naturgegebenen beiden Beinen auskommen. Unsere Schuhe, die ja eigentlich schon lange ausgetauscht werden sollten, haben kein wirklich gutes Profil mehr. Zumindest nicht für solche Schneeverhältnisse. Aber das können wir jetzt auch nicht ändern.

 

Marlboro Man fragt Flowers, ob sie einen Duracellhasen gefrühstückt hat. Sie klettert über die verschneiten Felsbrocken wie eine Schneeziege. Marlboro Man und Gladiator können nur hinterher asten. Kurz vor dem Gipfel höre ich nur, zwischen Schnappatmen Marlboro Man, in seinem Münchner Akzent  sagen: "Mei Gott, is die Frau krass drauf“, dem kann ich nichts hinzufügen. Zum einen, weil ich keinen Atemzug übrig habe, zum anderen weil Flowers wie eine Elfe, lustig die Trekkingstöckchen schwingend, über die schneebedeckte Winterlandschaft gleitet. Unglaublich.


 

Halb zehn haben wir es geschafft und stehen auf dem Gipfel des höchsten Berges der unteren 48 Bundesstaaten, also mit der Ausnahme von Alaska und Hawaii. Die Sicht ist einfach grandios. Man kann fast die gesamte Sierra überblicken. Auf der anderen Seite geht es 2500 Meter ins Tal runter. und das wirklich fast senkrecht. Oben treffen wir meinen Exkollegen und seine beiden deutschen Hiking-Partner wieder. Die Welt ist klein. Wir verweilen eine gute Stunde auf dem Gipfel. Dann ziehen die ersten Wolken wieder auf und wir machen uns an den Abstieg, bevor es wieder gewittert.

 


Da mittlerweile Dutzende PCT-Hiker und Day-Hiker hier oben sind, ist der Schnee inzwischen festgetreten, und wir schlittern mehr zu Tal als das wir gehen. Da es stellenweise richtig steil Hunderte Meter ins Tal geht, ist der Abstieg schon echt haarig.


 

Aber, wie der Blog beweist, haben wir es ja geschafft. Wegen der Schneeverhältnisse dauert der Abstieg aber fast genau so lange wie der Aufstieg.


Seit kurz nach zwei sitzen wir jetzt an unserem herrlichen Zeltplatz an einem kleinen Bach, der sich durch eine weite Wiesenlandschaft schlängelt. Wir gönnen uns eine Mahlzeit außer der Reihe und beantworten die Fragen unserer Mit-Hiker, die hier langsam und sehr zahlreich eintrudeln. Die meisten haben einen Tag länger von Kennedy  Meadows bis hier gebraucht. Die haben ja auch kein so gutes Zugpferd wie wir. Und jetzt entschuldigt mich, es gibt Essen!

 

das sind wir